Zur Geschichte
Auf Initiative der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz feiern seit dem Jahr 2000 alle Kirchen in Österreich jeweils am Tag vor der weltweit begangenen "Gebetswoche für die Einheit der Christinnen und Christen" den "Tag des Judentums".
Das Datum ist bewusst gewählt. Vor aller Verschiedenheit der Kirchen steht das allen gemeinsame Fundament: unsere Verwurzelung im Judentum. Dies wollen wir uns an diesem Tag ins Bewusstsein rufen.
Das Motto
Das Motto gibt der Apostel Paulus vor: "Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich"
(Röm 11, 18).
Offensichtlich bestand schon in den ersten christlichen Gemeinden die Tendenz, sich über das Judentum erhaben zu fühlen. Anstatt ihre Wurzel zu pflegen, meinten sie, ohne sie auskommen zu können. Die theologische Verachtung und die gesellschaftliche Abwertung des Judentums schuf über Jahrhunderte hinweg jenen Nährboden, auf dem das rassistische Gedankengut des Antisemitismus wachsen konnte. Erst seit der Katastrophe der Schoa (des Holocaust) hat in allen Kirchen ein Umdenken begonnen. Seither werden wir uns der Schuld, die die Kirchen und ihre Vertreter auf sich geladen haben, immer deutlicher bewusst. Wir sind auf dem Weg, den spirituellen und theologischen Reichtum Israels als Fundament unseres eigenen Glaubens neu zu entdecken.
Ein Beitrag dazu soll der jährliche "Tag des Judentums" sein.
Identität bewahren
So gesehen ist der christlich-jüdische Dialog elementar für die Identität der Kirchen. Er ist nicht von außen heran getragen, sondern jede Katechese redet von Juden, jede Predigt interpretiert jüdische Texte. Heute wollen wir in Dankbarkeit das Geschenk feiern, das Gott uns mit Israel, seinem erwählten Volk, gegeben hat.
Es geht nicht darum, eine Feier mit folkloristischen jüdischen Elementen zu gestalten, auch nicht um ein Kennenlernen des Judentums. Jüdinnen und Juden empfinden es als Vereinnahmung, wenn Christinnen und Christen die Distanz der beiden Traditionen aus lauter Begeis-terung nicht wahren und jüdische Riten und Symbole kopieren und nachahmen. Es geht um ein fundamental neues Selbstverständnis der Kirchen, das sich aus seiner jüdischen Quelle nährt. Dem entsprechend wollen wir am Tag des Judentums mit den Mitteln unserer eigenen Traditionen ein positives Bekenntnis zur Wurzel unseres Glaubens ablegen.
Kontaktadresse:
Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit,
Gentzgasse 14/5/1, 1180 Wien
Tel.: 01/479 7376