Ist die Zeit reif für ein Frauendiakonat und werden qualifizierte Männer und Frauen künftig ganz selbstverständlich Leitungsämter in der Kirche übernehmen können? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Studientag „Das Amt weiter-denken“.
Ein Studientag zu diesem Thema fand am Samstag, 24. November 2018 im Bildungshaus Schloss Puchberg statt. Organisiert wurde er von der Frauenkommission und dem Bischöflichen Rat für das Ständige Diakonat der Diözese Linz.
Rund 165 TeilnehmerInnen folgten der Einladung zum Studientag und setzten sich intensiv mit dem Themenfeld der kirchlichen Ämter auseinander. Die Eingangsreferate hielten Univ.-Prof.in Dr.in Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik an der Universität Tübingen, und von Univ.-Prof.in Dr.in Sabine Demel, Professorin für Kirchenrecht an der Universität Regensburg.
Studientag "Das Amt weiter-denken"
Univ.-Prof.in Dr.in Johanna Rahner ging bei ihrem Referat auf die sich ändernde Kirche ein: „Es ist klar, dass das institutionelle kirchliche Angebot von soziologischen Veränderungen grundlegend anders wird. Niemanden trifft der Wandel mehr als die Priester.“ Rahner sprach von künftig völlig neuen Formen des Laienapostolats: „Es wird neue pastorale Dienste geben, die eine neue Form der Kirche zeigen.“ Sie fordert daher einen Perspektivenwechsel im „Ämterdenken“. Priester und Laien müssen von der gemeinsamen Aufgabe her gedacht werden. Eine stimmige Amtstheologie berufe sich, so Rahner, auf den Sakramentsbegriff des Zweiten Vatikanischen Konzils: Kirche ist Zeichen und Werkzeug, nicht das Heil selber. Dringenden Handlungsbedarf ortet sie im Bereich „der unendlichen Geschichte: Frau und Amt“, denn hier handle es sich derzeit weniger um eine Krise der Kirche als vielmehr um eine Krise der Kirchenleitung. Aus der Sicht Rahners besteht die katholische Kirche theologisch begründet darauf, dass alles pastorale Handeln auch sakramental ist. Gerade bei Frauen in Leitungsämtern und im pastoralen Dienst würde sich das mit den derzeitigen theologischen Prinzipien bezüglich Kirche und Amt „spießen“. Für Rahner gibt es daher nur zwei Alternativen: „entweder alle Frauen aus allen Leitungsämtern entfernen oder die Weihebedingungen für Frauen ändern“. Erst dadurch werde deutlich, dass Frauen im Auftrag und als Abbild der Kirche handeln, ist Rahner überzeugt.
Univ.-Prof.in Dr.in Sabine Demel näherte sich dem Thema „Amt“ aus der Sicht des Kirchenrechts. Dort gebe es jedoch derzeit speziell im Bereich der ämterrechtlichen Begriffe ein rechtssprachliches Durcheinander, da die Begriffe „kirchliches Amt“ (lateinisch: officium), „Dienst“ (ministerium) und „Aufgabe“ (munus) jeweils auch die Bedeutung der anderen Begriffe annehmen können. Daher fordert Demel: „Wo Amt drin ist, muss auch Amt draufstehen. Es gilt zu unterscheiden, ob jemand vorübergehend einen Dienst wahrnimmt oder längerfristig ein Amt ausübt.“ Es sei dann nicht mehr vom Dienst des Religionslehrers / der Religionslehrerin oder der Theologieprofessorin zu sprechen, sondern vom Amt, so Demel. Demel sieht keine Notwendigkeit, dass es für jede Ausübung eines Amtes auch eine Weihe als Voraussetzung braucht. Sie sieht die Lösung eher in rechtlichen Veränderungen, etwa bei den Zugangsvoraussetzungen speziell beim Priesteramt. Die Aufhebung des Pflichtzölibats und auch die Zulassung von Frauen zur Priesterweihe sind aus ihrer Sicht wichtig. Die derzeitig priesterzentriert ausgestalteten Dienste und Ämter sollten auf eine laienorientierte Struktur hin verändert werden und müssen Laien prinzipiell und nicht nur ausnahmsweise oder wegen Priestermangels zugänglich werden. Demel dazu: „Laien sollen rechtlich mehr Dienste offenstehen als bisher. Fähigkeiten die vorhanden sind, sollen eingesetzt werden. Fähigkeiten, die jemand nicht hat, sollen auch nicht eingesetzt werden.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion kamen dann auch VertreterInnen aus der Diözesanleitung zu Wort. Die Direktorin von Pastorale Berufe Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger ging In ihrem Kurzstatement darauf ein, dass ihr der Begriff „Amt“ zu statisch sei. Für sie sei klar, dass Gesendete im kirchlichen Dienst Amtsträgerinnen und Amtsträger sind, unabhängig von Weihe. „Es ist jedoch eine Zumutung, dass vielen qualifizierten MitarbeiterInnen und SeelsorgerInnen eine Weihegnade nicht zugesprochen wird. Das ist für mich nicht begründbar. Ich würde allerdings einen Zwischenschritt einziehen. Als Erstes sollten alle Leitungsämter auch Laien offenstehen und mit Männern und Frauen gleich besetzt werden,“ so Gruber-Aichberger.
Die Direktorin des Pastoralamtes Mag.a Gabriele Eder-Cakl ortet eine Veränderung der Kirche durch die Gesellschaft. Ausdruck davon sei, dass die Menschen sich einfach gute Seelsorgerinnen und Seelsorger wünschen und das nicht an einem Amt festmachen. „Wahrscheinlich wird es in Zukunft eher um Seelsorgerinnen und Seelsorger gehen und wenig um die Unterscheidung von Priestern zu PastoralassistentInnen oder Diakonen. Das wäre eine enorme Veränderung des Amtsverständnisses.“ Im Widerspruch dazu brauche es aber schon jetzt eine Änderung bei der Zulassung von Frauen zum Weiheamt, betonte Eder-Cakl. Die Pastoralamtsdirektorin wörtlich: „Hier geht es einfach um Gerechtigkeit.“
Generalvikar DDr. Severin Lederhilger stellte in seinem Statement die Fragen: „Wie viel Amt braucht Kirche eigentlich? Muss jeder, der in der Kirche etwas tut, gleich ein Amtsträger sein?“ Hier hob Lederhilger die Unterscheidung zwischen sakramentalem Amt und Leitungsamt hervor, welches derzeit zusammengefasst gesehen wird. Nur wer das sakramentale Weiheamt hat, ist auch mit der vollen Leitungsaufgabe zu versehen. „In diesem Sinne ist sicherlich eine Deregulierung der priesterlichen Rollen notwendig. Die verschiedensten Aufgaben und Rollen näher anzusehen, wird eine wichtige Aufgabe in der nächsten Zeit. Sowohl die Rollen von Priestern und Diakonen als auch von LaientheologInnen und beim Ehrenamt in der Kirche“, so Generalvikar Lederhilger.
Einig waren sich sowohl die VertreterInnen am Podium als auch das Publikum, dass die Zeit für die Lösung all dieser Fragen bereits sehr knapp wird oder vielleicht sogar schon übersehen wurde. Große Hoffnungen werden in diesem Zusammenhang auch in den derzeit laufenden Zukunftsweg der Katholischen Kirche in Oberösterreich gesetzt.
Fotos © Diözese Linz / Kraml